An der Brunnenstube an der Grenze der beiden Haibacher Flurabteilungen „Unterer Sponacker“ und „Engelswiesen“ beginnt die ehemaligen Wasserleitung zum Aschaffenburger Schloss. Die Leitung wurde zwischen 1514 und 1536 von Kardinal Kurfürst und Erzbischof von Mainz Albrecht von Brandenburg errichtet. An das Trinkwasser für das Aschaffenburger Schloss waren schon damals hohe Ansprüche gestellt. Der Reinheit des Wassers wurden Prioritäten zugeschrieben. Dicke Sandsteinwände und schwere Eichenholztüren an den Brunnenstuben sicherten vor unberechtigtem Zugriff. Die Gesamtanlage mit einer Länge von 3250 Metern ist in keiner Karte verzeichnet, um sie vor einem Zugriff zu schützen. Abnehmer für das Wasser waren vorranging das Schloss und die öffentlichen Gebäude. Die Stadtbürger hatten keine Wasserrechte an der Leitung.
In den 1960er Jahren wurde die Brunnenstube mit Abraum zugeschüttet. Der Haibacher Heimat- und Geschichtsverein hat sich nach seiner Gründung 1997 der Brunnenstube angenommen, 1998 wurde das älteste Bauwerk auf Haibacher Gemarkung unter Denkmalschutz gestellt. Der Heimat- und Geschichtsverein begann danach mit der Freilegung, Sicherung, Restaurierung und Rekonstruktion des Bauwerkes. Das Projekt wurde in den Jahren 2001 und 2002 durchgeführt. (siehe Abschlussdokumentation im Buch des Heimat- und Geschichtsvereins „Die Haibacher Brunnenstube“ von Albin Blatt, 2002)
An der Brunnenstube beginnt die erste Aschaffenburger Trinkwasserleitung. (135 Meter in nordöstlicher Richtung, heute von den Häusern des Sponackerweges überbaut, ist die eigentliche Quellfassung. Von hier aus führt eine Steingut-Leitung zur Brunnenstube.)

Geschichte
Die Stadt wurde in früherer Zeit durch Brunnen und vom Main aus versorgt. Seit seinem Amtsanritt 1514 arbeitete Kardinal Albrecht von Brandenburg an einer Wasserversorgung für sein Schloss und ließ zwischen Röderberg und Büchelberg Wasser in Röhren fassen und seinem Amtssitz zuleiten. Im Jahre 1525 ließ er die Brunnenstuben als Absetzbecken bauen. Auf dem Weg zum (alten) Schloss waren mehrere solcher Bauwerke eingebaut. Als ein Ziel wurde auch der Pilgerbrunnen auf dem Marktplatz (dem heutigem Stiftsplatz) angeschlossen. 1536 wurde dort das letzte Stück von der Sandkirche her verrohrt. Die Schlossleitung bestand aus dicken, rund durchbohrten Quadern, die durch eiserne Muffen miteinander verbunden waren, aus Holz-, Blei-, Ton- und Eisenröhren. 

Als Kurfürst Schweickhardt von Cronberg 1605/14 das neue Schloss von Georg Ridinger erbauen ließ, reichte die zugeführte Wassermenge nicht mehr aus. Er ließ die alte Quelle neu umfassen und zog noch eine aus dem Bereich Büchelberg dazu. Die Wasser vereinigten sich neben dem Kühruhgraben westlich des Büchelbergs.

Ab der Brunnenstube wendete sich die Leitung in nordwestliche Richtung und verlief im Talgrund nach Aschaffenburg. Sie zog neben dem Bessenbacher Weg und kreuzte die heutige Berliner Allee. Jetzt orientierte sich die Leitung am Bessenbacher Weg (Alte Poststraße). An der Jäger-Kaserne (heutige Hochschule) vorbei kam die Leitung zur Trasse der 1868/69 gebauten Miltenberger Bahnlinie. Ein Steg führte sie über die Bahn.
Über den „Viehtrieb“ (heute Hofgartenstraße) zog sie in das Schöntal im Bereich der Orangerie (heute: Hofgarten-Gastwirtschaft) und durch den Tiergarten (ab 1779 Hofgemüsegarten).
Auf dem Weg rund um den „Tiergarten“ (an der heutigen Platanenallee entlang) zweigte eine Stichleitung zur späteren Brauerei Geiger / Heylands Brauerei ab. (Das Grundstück Rossmarkt 19 wird bis in das 16. Jahrhundert den Herren von Wasen zugeschrieben. Es gelangte danach in erzbischöflichen Besitz unter Kurfürst Johann Schweikard von Kronberg. Der Erzbischof ließ auf seinem neu erworbenen Grundstück ein „kurfürstliches Jagdhaus“ erbauen.)
Ab dem Herstalltor führte die Strecke ein Stück in die Herstallstraße und dann weiter durch den „Entenpfuhl“ (heute Entengasse) und versorgte das Ritualbad der Synagoge. An der Kreuzung Entengasse / Treibgasse war eine Verteilerstation in Richtung Steingasse, Strickergasse und den Viehberg (Schlossberg).
Unter der Gartenanlage des Ingelheimer Hofes (heute Kindergarten) schob sich die Leitung in die Steingasse und weiter bis zum heutigen Marktplatz. Hier waren das Bezirksamt, das Institut der Englischen Fräulein, das Jesuitenkolleg, die Stakenburg, das Marstallgebäude und die Brauerei Schlappeseppel  angeschlossen.
Die Leitung wurde vom Verteiler aus von Nord-Osten in den Schlosshof geführt, wo sie am alten Wartturm durch zwei Röhren das Wasser in „Särge“ (Artauke) abgab und von da aus zur Hofküche floss. Die gesamte Wasserleitung überwindet von der Brunnenstube aus auf Höhe 231 m NHN genau 100 Meter zur Wasserverteilung im „Sarg“ im Schlosshof auf Höhe 131 m NHN. Ein Überlauf versorgte im weiteren Verlauf das Kapuzinerkloster und den Viehhof.
1928 wurden mit der alten Wasserleitung noch 34 Abnehmer im Stadtgebiet versorgt, bevor 1932 die Leitung im Schöntal abgeriegelt wurde. Der Springbrunnen, der das Goldfischbecken in der Magnolienanlage speiste, blieb weiter in Betrieb.
Die Leitung hatte viele Namen: Schlosswasserleitung, Hofwasserleitung, Büchelbergleitung, Historische Wasserleitung, Herrschaftliche Wasserleitung, Hofleitung, Königliche Leitung. Im Zusammenhang mit der Wasserversorgung anderer Gebäude wurde sie auch Herrschaftliche Schlossbrunnenhauptröhre oder Churfürstliche Schlossbrunnenröhre genannt.
Die Leitung war nur für die Versorgung der öffentlichen Gebäude vorgesehen. Für die Bürger der Stadt mussten Brunnen und der Main die Wasserversorgung sichern. Erst 1817 wurde eine zweite Leitung, die Zeughausleitung, zur Versorgung der Stadt gebaut. 

Nicht unerwähnt soll bleiben, dass im Jahr 1874 die Bitte des Stadtmagistrats an die Hofbauintendanz um Überlassung der Schlossleitung abgelehnt wurde und dass im Jahre 1930 die Anfrage der Verwaltung des ehemaligen Kronguts, ob die Stadt jetzt Interesse daran habe, ebenfalls abgelehnt wurde.

 

Hintergund:
Über die Baugeschichte der mittelalterlichen Burg, die am gleichen Ort errichtet war, ist wenig bekannt. Im Jahr 1284 wurde eine neue Kapelle Johannes dem Täufer gewidmet. Es gibt Berichte über den Ausbau der Burg aus dem 14. Jahrhundert, vor allem des Bergfrieds, der die prächtige Burganlage nach einer Zeichnung von Veit Hirsvogel dem Jüngeren[2] weit überragte. Bereits diese Burg war zweiter Regierungssitz der Mainzer Erzbischöfe, die der größten Kirchenprovinz des Heiligen Römischen Reiches vorstanden und zugleich als Erzkanzler des Reiches fungierten. Aschaffenburg war im 13. bis 15. Jahrhundert Ort verschiedener Fürstenversammlungen und Bischofssynoden. Herausragende Gäste waren etwa 1317 König Ludwig der Bayer oder 1383 König Wenzel von Luxemburg.

Eine besondere Bedeutung erhielt der Standort, als sich Albrecht von Brandenburg, Erzbischof von Mainz und Magdeburg, wegen der Reformation 1539 von Halle nach Aschaffenburg zurückzog. Die mittelalterliche Anlage wurde 1552 im Markgräflerkrieg geplündert und zerstört, wobei auch viele Kunstschätze, die Albrecht nach Aschaffenburg mitgebracht hatte, verlorengingen. Erhalten blieben vor allem Werke von Lucas Cranach dem Älteren und seiner Schule, die heute Teil der Staatsgalerie Aschaffenburg im Schloss sind.

1604 gab der neue Kurfürst Johann Schweikhard von Cronberg den Bau des Schlosses in Auftrag. Mit der Ausführung wurde der Straßburger Architekt und Baumeister Georg Ridinger betraut. Ridinger ließ die Überreste der alten Burg abreißen; lediglich der große gotische Bergfried wurde als fünfter Turm in den neuen Bau in der Mitte des Nordwestflügels mit einbezogen.

 

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