Die kleine Glocke an der Aussegnungshalle wird im Ort „Arnold-Glocke“ genannt. Ihr Stifter war der Schultheiß, also der Bürgermeister,
und gleichzeitig Ziegeleibetreiber in Grünmorsbach. Die Inschrift auf der Glocke beweist ihre Herkunft: „Franz Ponchon hat mich gegossen anno 1793. Gestiftet von Schultheiß Michael Arnold Grünmorsbach“. Zwischen den beiden Schriftbändern ist die Muttergottes mit dem Kind auf dem Arm und gegenüberliegend ein Engel dargestellt.

Die Glocke hing zunächst beim Schultheißen Michael Arnold am Haus, von wo er zum Tagesgebet oder zu Ratssitzungen einlud. Auch als „Sturmglocke“ wurde sie geläutet oder im Falle eines Brandes.
Als 1863 das erste Schulhaus in Grünmorsbach eingerichtet wurde, hat man extra eine „Laterne“ auf das Dach aufgesetzt, in der das kleine Glöckchen aufgehängt werden konnte. Über einen Seilzug in der Küche des Lehrers konnte sie von dort angeschlagen werden.

Als 1906 die Grünmorsbacher Schüler in das neue Schulhaus umzogen, wurde die Glocke in der 1899 neu erbauten Kirche abgestellt. Im ersten und im zweiten Weltkrieg wurden die Kirchenglocken zerschlagen und für Kriegszwecke missbraucht. Da half die Arnold-Glocke aus, bis man 1950 wieder ein richtiges Geläute bekam.
Als man im Jahre 1965 das „Leichenhaus“ erweiterte, wurde ein Glockenstuhl in Form eines kleinen Dachreiters auf das Dach aufgesetzt und dort die Arnold-Glocke aufgehängt. Ihren letzten Umzug erfuhr das Glöcklein im Jahre 1995. Für das Glöcklein wurde in der neu errichteten Aussegnungshalle ein eigener Platz geschaffen, von dem es bis heute mit seinem Geläute die Toten verabschiedet.

 

Zu Franz Ponchon:
Franz Ponchon (oder auch Bouchon genannt) kam 1775 nach Aschaffenburg und übernahm dort die Glockengießerei von Adam Bobe. 1734 wird als sein Geburtsjahr genannt. Seine erste Glocke soll er 1776 für die Sandkirche in Aschaffenburg gegossen haben. Neben der Glockengießerei betrieb Ponchon auch eine Rotgießerei. Ponchon starb 1819. Sein Nachfolger wurde Jakob Anton Bustelli, der sich in der Branche einen großen Namen erwarb. Sein Sohn Matthias Sebastian gründete eine Wohltätigkeitsstiftung und wurde dafür von der Stadt Aschaffenburg mit der Benennung einer Straße geehrt. Weitere Arbeiten von Ponchon sind eine Glocke für die Muttergottespfarrkirche in Aschaffenburg (1791, 1550 kg), ein Glöckchen für St. Mauritius in Heppdiel, Kreis Miltenberg (1797), eine Glocke für den Nilkheimer Hof (1812, diese Glocke wechselte um 1950 die Straßenseite und wurde im Turm der Nilkheimer Kapelle aufgehängt), eine Glocke in Mömbris und eine weitere in Kirchzell-Preunschen.

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